„Weißt du, ich hab so viel gesehen und so viel Schmerz schon ertragen – wie wir alle wahrscheinlich. Der Unterschied ist nur: ich weiß vielleicht sehr genau, was dagegen hilft oder ihn lindert. Bei mir zumindest. Wenn ich gehe, lautlos, kannst du dir sicher sein, dass es zu viel war. Das ich ertragen habe, damit Dinge funktionieren, aber es wahrscheinlich nicht gereicht hat. Und wenn ich gehe, gehe ich lautlos, leise, fast so, als wäre ich nie da gewesen. Ich packe meine sieben Sachen, die ich ohnehin fast immer dabei habe und fahre los. Lenke mein Auto langsam, aber bestimmt auf die nächste Landstraße, von der ich oft nicht einmal weiß wo sie hinführt. Und mit jedem Kilometer Abstand den ich gewinne, fällt das Atmen ein bisschen leichter. Gleitet die Last ein bisschen mehr von meinen Schultern, und ich hab das erste Mal wieder das Gefühl: ich bekomme Luft.
Dann, wenn andere reden und sich austauschen wollen, bleibe ich stumm. Ich will nicht reden, nicht gesagt bekommen, dass alles vorbei geht. Es ist okay so wie es ist. Ich will den Schmerz spüren, lasse ihn zu, fühl in vielen Punkten intensiver als manch anderer und genau das, was meine größte Schwäche ist, ist auch meine größte Stärke. Der Moment, wo sich der Kopf ausschaltet und ich nur noch reagiere, ist der Moment, in dem ich wieder kreativ werde – so ganz. Unbedacht, unüberlegt, ungeplant. Wo Kamera, Pinsel, Schere und Farben Werkzeuge werden, die reibungslos funktionieren ohne Konzept.
Ich bin nicht zuhause in den eigenen vier Wänden, und vielleicht werde ich das nie sein. Das fühlt sich nach „Heimat“ an, aber zuhause bin ich „on the road“. Da, wo niemand ist, wo die Zeiten bestimmt werden von Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Wo es keine Rolle spielt, ob heute Montag, Dienstag oder Mittwoch ist und mein Zuhause 3qm groß ist – in meinem Bulli. An dem Ort, wo ich vom Bett aus morgens Kaffee kochen kann und gleichzeitig das Aufsteigen der Sonne über dem Meer oder hinter den Bergen beobachten kann. An dem Platz, wo mein Vorgarten die Welt ist und Konsum ein Fremdwort. Ich erinnere mich, was wirklich zählt und bin: dankbar. Ich brauch nicht viel. Was zu essen, meine Kamera, mein Laptop – arbeite von unterwegs aus mit dem was ich habe. Denn: was gut ist wird bleiben und was gehen will, wird gehen.
Deshalb: sei nicht sauer, wenn ich dir mal nicht sofort antworte – oder ein paar Stunden nicht. Manchmal: vergesse ich die Zeit, lass mich fallen. Dann erzähle ich niemandem wo ich bin, und rufe auch niemanden an. Dann: will ich vergessen werden für ein paar Stunden und Millisekunden. Nicht, weil ich niemanden mehr mag. Sondern: weil ich Zeit mit mir alleine auch mag.“
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